Birdy Nam Nam – Defiant Order / Surkin – USA
Birdy Nam Nam wissen schon, wie es geht. Bereits im vergangenen Jahr haben sie beim “französischen Pendant der Grammy Awards” [sic] den “Victoire de la musique” abgeräumt: was auch immer das nun bedeuten mag. Verstehe einer die Franzosen. Je nachdem kann einen auch der Sound ratlos zurück lassen: Man hasst ihn wohl oder liebt ihn, es gibt nur wenig dazwischen. Future Rap und dicke Beats, Bratzensound, ja sogar Dancehall ist eingepackt, höre man nur einmal in “Goin’ In” rein. Oder sehe sich einfach das begleitende Video an, das Trash und maskuline Comic-Fantasien, dicke Hose und Euphorie auf pulpigste Art verbindet. Jedenfalls ist es dieser Elektrosound, der den Reiz ausmacht. Sie mögen nicht die ersten sein, aber wenn das so weiter geht, auch bei weitem nicht das Ende. Absolut zeitgemäß auf 2011 gestaltet empfehlen sich Birdy Nam Nam auch hierzulande für das kommende Jahr. Es ist ja schon spät.
Dann ist da noch der unglaublich einfältige Name. Das scheint der letzte Schrei im Biz zu sein: erst Totally Enormous Extinct Dinosaurs, jetzt Birdy Nam Nam, dazwischen viele viele andere. Wo der Name wohl herkommt steht nicht mal in der Promoinformation, die eigene Recherche bringt aber schnell Gewissheit. Lohnt aber nicht. Birdy Nam Nam aber, die lohnen schon.
Land of the brave and the free
Lohnt denn “USA”? Der romantischen Idee, sich die eigene Jugend ’85 bis ’93 in Gedanken schön zu trinken, sind schon viele erlegen. In diesem Falle mal wieder: alte Videospiele, Paintbrush was das Herz begeht, früher House. Es beginnt mit dem “Intro” bereits hoffnungslos retro: der Sound ruft Power-Pop und NRG, das Hochenergie-geschoss unter den Sub-Genres. Jenes, zu dem in AIR Max und Trainingsanzug einst auf den Straßen der Roboter getanzt wurde. So geht es immer weiter, mit Handclaps und kleineren Plattenkratzereien (“I.N.Y.N”), über gar fantastischen Dreampop (“Gold Island”) bis zurück zu Acid, der einen an Planetarium denken lässt (“End Morning”). Über so viel Geschichtstreue kann man kapitulieren, sich ärgern oder doch immerhin staunen, was Äonen des Pops, ganz weit weg von hier, mit jungen Produzenten anstellen können. Surkin ist auch erst 26. Vielleicht wäre er schlicht gerne der nächste David Guetta. In seinem und unserem Interesse, wünschen wir ihm dabei mal keinen Erfolg.
Sven Job